Mando Diao: „Wozu die Nostalgie?“

(Photo: MD/festivalrocker.com)
Mando Diao im Interview (Photo: MD/festivalrocker.com)

Mando Diao haben sich verändert. Synthesizer und Laptops stehen nun im Mittelpunkt und verleihen den einst rockig-rotzigen Melodien einen sanften, elektronischen Anstrich. Die junge Indie-Rock-Band von damals, ist nicht mehr. Ihr erstes Album? „Kindermusik“, spotten die beiden Frontmänner Björn und Gustaf. Mando Diao hat sich eben weiterentwickelt, erklären sie. Ob das jedem gefällt, sei ihnen egal, es gehöre dazu.

Die Schweden sind nicht die erste Band, die sich neu erfindet. Ganz so experimentierfreudig wie Mando Diao mit ihrem aktuellen Synth-Rock-Album „Aelita“, verändern sich aber die wenigsten. „Wozu dieser Wandel“, fragen sich viele. „Wozu die Nostalgie über die alten Tage“, fragen Mando Diao. Wir haben Gustaf und Björn vor ihrem Auftritt bei Rock im Park 2014 zum Gespräch getroffen und über ihre musikalische und stilistische Veränderung gesprochen.

Rock im Park, Euer fünftes Mal inzwischen: Was mögt Ihr denn besonders an Festivals?
Björn: Ich mag es, dass alle Leute sich vereinigen. Es gibt keinerlei Konkurrenzdenken auf Festivals.
Gustaf: Wenn ich von der Bühne auf die Menge schaue, sehe ich nur glückliche Gesichter. Es gibt keine Gewinner oder Verlierer, weil man nicht darüber nachdenkt, ob der Mensch neben dir besser oder schlechter ist als du. Das ist eine Macht!

Ihr kennt Euer Publikum seit Jahren. Wie wird ihr Urteil über Eure neue Show ausfallen?
Gustaf: Die Menschen, denen wir die Show bisher gespielt haben, waren sehr zufrieden. Wenn sie sehen, dass jemand sich traut neue Dinge auszuprobieren und so seine Gefühle auszudrücken, sind sie glücklich, denn es bedeutet, dass sie das auch können. Sie können auch etwas Neues wagen.

Nova Rock Festival 2014: Mando Diao
Nova Rock Festival 2014: Mando Diao (Photo: MD/festivalrocker.com)

Tatsächlich habt ihr mit Eurem neuen Album „Aelita“ ziemlich viel experimentiert und vieles verändert. Mögt ihr denn noch Eure alten Songs?
Björn: Ja, wir spielen sie auch in unseren Shows. Ich höre mir diese Songs sonst nie an, aber ja.

Warum hörst Du sie Dir nicht an?
Gustaf: Es hört sich an wie Musik für kleine Kinder. Es klingt nach Zeichentrickserien wie Danger Mouse, He-Man oder Turtles. (Gustaf beginnt in einer Mickey-Mouse-Stimme, die Melodie von „Sheepdog“ zu singen.) Ding-Ding-Ding-Di-Di-Di-Di whoa-whää-bäm. Es klingt wie kleine Kinder, die rumrennen und mit ihrem Spielzeug spielen.

Und wie klingt im Vergleich dazu Euer neues Album?
Gustaf: Nicht ganz so kindisch, reifer und emotionaler. Wir wollen unser Leben verstehen. Wenn du älter wirst, wirst du nicht nur ernsthafter, sondern auch interessanter. Was du auf Aelita hörst, geht tiefer. Du musst erst gewisse Dinge erleben und durchmachen, um Philosoph zu werden.

Björn: Unsere Melodien sind ja immer in etwa gleich. Aber jetzt kann man besser zu unseren Songs tanzen. Zu unseren alten Liedern konnte man nur rauf- und runterspringen und pogen, weil sie so schnell waren. Es war viel aggressiver. Wir wollen keine Aggressionen.

Mir scheint als würde elektronische Musik immer mehr Einfluss gewinnen, nicht nur bei Euch. Ist denn jetzt elektronische Musik die neue Rockmusik?
Björn: Ja…

Gustaf: Nein, nein! Andersrum. Für uns war elektronische Musik wichtig, als wir sie noch nicht benutzt haben. Weil es eben so wichtig war, darauf zu achten, dass wir sie nicht benutzen. Jetzt ist es egal, ob wir ein Piano oder ein iPhone verwenden. Wir können mit allem musizieren. Ich denke viele Rockbands sind zu nostalgisch. Viele Rockbands leben so, als wäre 1965, was schräg ist, denn die Beatles haben 1965 auch nicht so getan, als wäre 1935.

Björn: Eben, sie waren frei und haben Dinge ausprobiert. Sie haben getan, was sie wollten. Das wollen wir auch.

Gustaf: Die ganze psychedelische Musik, von den Beatles zum Beispiel, gibt es, weil sie mit neuen Klängen und neuen Techniken experimentiert haben. Sie haben Kunst erkundet und Kunst produziert. Björn und ich stehen auch auf Kunst. Und Videospiele. Aber viele Bands sind zu nostalgisch über die alten Tage. Wozu? Ich verstehe, dass Nostalgie ein warmes, bequemes Gefühl ist. Wenn mir zum Beispiel meine Oma eine alte Schallplatte vorspielt, dann ist das genau dieses Gefühl, aber als Künstler muss man überall sein und nicht in alten Zeiten leben.

Nova Rock Festival 2014: Mando Diao
Nova Rock Festival 2014: Mando Diao (Photo: MD/festivalrocker.com)

In welchen Filmen würdet Ihr jetzt Eure Musik gerne hören?
Björn: Ich habe letztens den Film „Oblivion“ gesehen. Der hat mir sehr gut gefallen, der wäre toll.

Gustaf: Wir stehen sehr auf Anime und Manga. Es wäre fantastisch, dafür zu komponieren. Unsere absolute Lieblingsserie ist „Cat Soup“.

Björn: „Cat Soup“ ist voller Fantasie und surreal, so wie wir.

Von Eurer Musik zu Euch als Band: Mando Diao dreht sich jetzt quasi um euch zwei: Wie würdet Ihr Euch gegenseitig beschreiben?
Gustaf: Wir sind wie Brüder, wie eine Familie seit 16 Jahren.

Wie würdest Du Björn beschreiben?
Gustaf: Björn ist unvorhersehbar und er ist sensibel. Er ist faszinierend.

Und wie würdest Du Gustaf beschreiben?
Björn: Wir sind beide sehr emotional. Gustaf ist sehr emotional. Und er ist sehr stark, was man ihm aber nicht ansieht. Das ist gut für uns: So müssen wir nicht auf Menschen hören, die uns blöde Ratschläge geben und unserer Kreativität im Weg stehen.

Nova Rock Festival 2014: Mando Diao
Nova Rock Festival 2014: Mando Diao (Photo: MD/festivalrocker.com)