Seit sieben Jahren berichten wir für Euch von Rock im Park. Den unsicheren Zeiten zum Trotz, hat es das Nürnberger Festival dieses Jahr geschafft, sich tatsächlich nochmal selbst zu übertreffen und glänzte als das schönste Festival mit den Toten Hosen, System of a down und Rammstein als Headliner bei 89.000 Besuchern pro Tag.
So friedlich ging es wohl auf kaum einem Großfestival zu. Die Zahl der Diebstähle konnte im Vergleich zum Vorjahr auf 40 Fälle halbiert werden. Die Zahl der Körperverletzungen ging von 16 auf 4 zurück. Nach dem Manchester-Attentat hatten die Veranstalter die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Die Mitnahme von Taschen oder Getränken auf das Festivalgelände wurden etwa verboten. Auch das lief reibungslos ab. Während das große Schwesternfestival Rock am Ring wegen Terrorgefahr am ersten Tag unterbrochen werden musste, rückte der friedliche Gedanke noch mehr in den Vordergrund.
Wer jetzt möglicherweise an Langeweile denkt, täuscht gewaltig. Die Toten Hosen zeigten dem Terror am ersten Tag lautstark den Mittelfinger. „Die haben erst gewonnen, wenn wir nicht mehr feiern. Doch das schaffen die nicht“, brüllte Campino ins Mikro, während Rammstein am Ring nicht durfte. Ihre neuen Songs „Unter den Wolken“, „Wannsee“ oder „Wie viele Jahre“ feierte das Publikum genauso wie ihre Klassiker. Die Düsseldorfer funktionieren eben immer, auch wenn sie die Stammband auf dem Festival geben. Nach ihrem Auftritt marschierten die Massen – einen glücklicherweise kurzen Weg – zu der Park Stage, wo Kraftklub mit ihrem neuen Album „Keine Nacht für Niemand“ und einer beeindruckenden Bühnenshow samt Dutzenden Tänzern das Publikum begeisterten. „Das ist doch viel geiler als die Hosen“, sagt ein Zuschauer. Die „Fenster“-Lyrics sitzen bei den Fans schon wie „Schüsse in die Luft“. Den ersten Tag mit weiteren Highlights von Suicide Silence bis zu den Beatsteaks und bestem Sommerwetter, wussten Kraftklub gebührend zu beenden.
Ein bisschen Regen brachte die nötige Abkühlung am zweiten Tag, tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Wie auch, sollten mit System of a down, Alter Bridge oder Airbourne Fans der härteren Töne genauso auf ihre Kosten kommen wie die Punker mit Feine Sahne Fisch Filet, die Kultriege mit den Prophets of Rage und die Partymenge mit Macklemore & Ryan Lewis. Das Hip-Hop-Duo aus Seattle zeigte, warum es zu Rock im Park gehört, auch wenn die ewigen Nörgler noch so oft auf Facebook beklagen, dass sie auf einem Rockfestival nichts verloren haben. Die gute Musikmischung gehört schon seit vielen Jahren zu Rock im Park. Mit rund 100 Bands ist für jeden ohnehin mehr dabei, als man meist zu sehen schafft. Und wer das junge Publikum tanzend die Radiohits mit Macklemore mitsingen sah, kann sich kaum beschweren. Die einmalige Gelegenheit mit den Prophets of Rage, den Mitgliedern von Rage against the machine, Cypress Hill und Public Enemy abzurocken, begeisterte hingegen auf der großen Zeppelin Stage genauso wie der fulminante Abschluss von System of a down. Überraschungen gab es hier keine – zuletzt brachten die Herren neue Songs vor 12 (!) Jahren. Vielleicht beim nächsten Mal. Wir werden uns das Festival wieder nicht entgehen lassen.
Die Tage bei Rock im Park: Vieles macht sie neben den Bands und dem Publikum so liebens- und lebenswert. Die Organisation, die zu jeder Sekunde alles im Griff hatte. Die Security, die Zuschauern in der Hitze Wasser reichte und sich für Animation vor den Bühnen nicht zu schade war, während sie den Überblick wahrte. Die Lage, die in zehn Minuten einen Ausflug vom Gelände ins Nürnberger Zentrum ermöglicht. Die kurzen Wege zwischen den vier Bühnen. Die Festivalgröße, die trotz 89.000 Zuschauern am Tag noch gemütlich wirkt. Zurecht war Rock im Park 2017 rasch ausverkauft.
Rammstein krönten das Festival, wie wenige Bands es können, wie ein Blick auf das Finale von oben beweist:
Ein Zuschauer meinte zu uns, jetzt könne er glücklich sterben. So geil war das. Zuvor heizten den Zuschauermassen vor der Hauptbühne schon die Broilers und In Flames ein. Dagegen gab Britpop-Superstar Liam Gallagher auf der Park Stage quasi ein Privatkonzert für eine Handvoll Leute, bevor er zu dem Benefiz-Konzert nach Manchester am gleichen Abend abreiste. Rag’n’Bone Man begeisterte mit seiner gewaltigen Soul-Stimme und seinem „Skin“-Hit auch die härtesten Rocker, die sich zu seinem Auftritt verirrt hatten. Für den letzten Abriss sorgte noch der heimliche Held des Tages, Marteria. Kurzfristig holte er bei Rock am Ring seinen abgesagten Auftritt am Sonntagnachmittag nach und stand am Abend schon wieder voller Power im Park auf der Bühne.
Wir sind jetzt schon gespannt auf 2018. Der Termin steht fest: Vom 1. bis 3. Juni 2018 heißt es wieder Rock im Park (und Rock am Ring natürlich). Ein paar Eindrücke bleiben uns bis dahin: